Was kann Online-Marketing leisten?
Inhalt
Der Begriff Online-Marketing legt nahe, dass es sich um eine bestimmte Marketing-Disziplin handelt. Online-Marketing ist Marketing, nur eben im Internet. So verstehen es Führungskräfte von Unternehmen, Personalverantwortliche und Absolventen von Schulen der Online-Marketing-Branche.
Aber stimmt das wirklich? Ob Online Marketing Manager etwas vom „echten“ Marketing verstehen und Unternehmen den Zusammenhang zwischen Online-Marketing und dem allgemeinen Marketing richtig einschätzen, das soll dieser Artikel klären.
Marketing und Online-Marketing im Vergleich
Um etwas Substanz zu schaffen, werfen wir zuerst einen Blick auf die Vergangenheit von Marketing, Internet und Online-Marketing. Die Entstehung und die Inhalte von Marketing und Online-Marketing können unterschiedlicher nicht sein.
Entstehung des Marketings
Der Begriff Marketing wurde erstmals Anfang der 1900er Jahre an US-Amerikanischen Universitäten verwendet. Marketing lässt sich am passendsten mit dem Begriff „Absatzwirtschaft“ ins Deutsche übersetzen. In über 100 Jahren entwickelte sich das Marketing als komplexe Wissenschaft im Bereich der BWL weiter.
Inhalte des Marketings
Marketing beschäftigt sich insbesondere mit den Marketinginstrumenten. Darunter versteht man Kontrahierungspolitik (Preispolitik), Produktpolitik, Distributionspolitik (Place) und Informationspolitik (Promotion). Weiter werden dazu die Instrumente des Dienstleistungsmarketings gezählt, die Personalpolitik (People), die Ausstattung (Physical Proof) und die Prozesse.
Jedes Marketing-Instrument ist komplex und besitzt Wechselwirkungen zu allen anderen Marketing-Instrumenten:
- Ein hoher Preis ist bei der richtigen Produktpolitik vielleich angemessen, muss aber anders Kommuniziert werden und wirkt sich auch auf die Auslastung der Vertriebswege aus.
- Schlecht ausgestattetes Personal und ineffiziente Prozesse werden ein Dienstleistungsunternehmen ruinieren, egal wie gut das Produkt oder der Preis ist.
Der Marketing-Mix – also die Zusammenarbeit der Marketinginstrumente – muss gut abgestimmt sein.
Aber die Marketinginstrumente sind nicht alles. Marketing befasst sich darüber hinaus mit Disziplinen wie Marktforschung und Statistik, Kalkulation und Budgets, Controlling und Führung. Es verbindet also die Welten von Produktion, Handel und Wirtschaft mit der Welt der Menschen, der Bedürfnisse und des Konsums.
Kommen wir nun, um einen Vergleich zu ermöglichen, zur Geschichte und den Inhalten des Online-Marketings…
Online Marketing als Werbekanal des 21. Jahrhunderts
Geschichtlich ist Online-Marketing im Marketing der jüngeren Zeit einzuordnen. Der Begriff „Online“ steht für das World Wide Web. Als Tim Berners-Lee die Auszeichnungssprache HTML erfand, konnte das Internet zu einem Massenmedium werden und erlangte damit Relevanz für die Werbeindustrie und für den Vertrieb von Produkten und Dienstleistungen. Vor diesem historischen Ereignis Anfang der 1990er Jahre war das Internet den Geeks und Nerds vorbehalten und spielte im Marketing keine Rolle.
Wirkliche Relevanz entwickelte das Online-Marketing erst mit der Entwicklung des Internet in den 2000er Jahren. Mit dem Aufstieg der Suchmaschine Google und dem Ausbau des Internet zu höheren Bandbreiten wurde es möglich, Marken und Produkte einer breiten Öffentlichkeit online vorzustellen. Bilder und Videos konnten endlich ohne Zeitverzögerung übermittelt werden. Nahezu jeder Haushalt war nun online.
Das Internet entwickelte sich also dank des WWW in nur ca. 15 Jahren vom Werkzeug für Wissenschaftler und Hobbyisten zum Massen-Werbemedium. Erst am Ende dieser Phase entwickelte sich ein Hochschulwesen um dieses Thema, um den Bedarf der Unternehmen nach qualifizierten Absolventen zu decken, ist also noch jünger.
Inhalte des Online-Marketings
Online-Marketing zielt nicht auf die marktgerechte Betriebsführung ab. Es versteht sich als eine Ansammlung verschiedener Werbeformen (vgl. Disziplinen des Online-Marketings), mittels derer einzelne Online-Kanäle als Werbemedium genutzt werden. Und es umfasst Technologien, die deren Optimierung und Ausschöpfung ermöglichen.
Die Disziplinen des Online-Marketings sind keine Marketing-Instrumente, weil sie sich jeweils nur mit einem Werbemedium, einer Content-Form, der Analyse oder der Zielgruppe befassen, dabei aber nur begrenzt über den Tellerrand blicken. Online-Marketing ist damit integraler Bestandteil der Marktforschung, der Kommunikationspolitik, der Distribution oder der produktbegleitenden Dienstleistung.
Man könnte also mit Recht sagen, dass der Begriff „Online-Marketing“ irreführend ist – es handelt sich vielmehr um Online-Werbung oder Online-Technologie. Es handelt sich um kein Online-Abbild des Marketings.
Fazit: Online-Marketing ≠ Marketing
Online-Marketing wird oft mit Marketing im Internet-Zeitalter gleichgesetzt. Das ist eine Verwechslung, die besonders kleinen Unternehmen Probleme bereiten kann. Denn Online-Marketing allein ist nicht in der Lage, Markterfolg zu schaffen. Es bietet lediglich Instrumente, die bei Marktforschung, Kommunikation und Vertrieb von Produkten hilfreich sind.
Online-Marketing als Heilsbringer
Dennoch werden heute reihenweise Online Marketing Manager bei Firmen eingestellt, die mit Internet-Magie nicht vorhandene Strategien, rückständige Produkte und unattraktive Sortimente ausgleichen sollen. Die Fluktuation im Stellenmarkt für Online-Profis ist enorm! Doch das goldene Internet-Zeitalter der „Low Hanging Fruits“ (so nennt man in der Szene schnelle und doch hoch effektive Maßnahmen) ist vorbei. Es gibt keine Tricks, mit denen ein seriöses Unternehmen reelle Versäumnisse in Marketing und Unternehmensführung mit Online-Anzeigen oder etwas Suchmaschinenoptimierung heilen kann.
Binsenweisheit des Marketings: Planung vor Umsetzung
Online-Marketing gibt keine Antworten auf allgemeine Fragen des Marketings. So spielt die Positionierung von Produkten, die Produktentwicklung, die Marktsituation des Unternehmens, die Distributionsstrategie und vieles mehr im Online-Marketing keine Rolle.
Vor allem kann Online-Marketing keine Antwort darauf geben, welche Kanäle und Disziplinen in die Ziele und den Erfolg der Firma einzahlen. Nicht jedes Unternehmen profitiert davon, bei Facebook präsent sein. Nicht jedes Sortiment verträgt hohe Google-Ads-Budgets. Nicht jedes Unternehmen kann heute noch in organischen Suchergebnissen konkurrieren. Es kommt darauf an, die richtigen Maßnahmen zu wählen.
Kosten und Nutzen geraten regelmäßig in Schieflage, wenn Online Marketing Manager zu früh zur Tat schreiten. Die allgemeine Marketingstrategie und Marketingplanung jedes Geschäftsbereichs muss deshalb sorgsam erstellt werden, bevor Online-Maßnahmen ergriffen werden. Aus dem Marketingplan ergeben sich Werbepläne, die aufzeigen, welche Online-Medien effektiv im Werbemix wirken. Hierfür werden Maßnahmen umgesetzt, die in Symbiose mit Produktion, Marketing und Vertrieb in die Unternehmensziele einzahlen.
Die Disziplinen des Online-Marketing nehmen mit Bravour komplexe Online-Kanäle unter die Lupe und bilden übergeordnete Marketingziele auf sie ab. Sie glänzen durch hohe Messbarkeit und gute Steuerbarkeit. Sie erreichen Zielgruppen präzise und nachhaltig. Darum ist Online-Marketing sehr wichtig für den Marketing-Mix, aber es ersetzt ein qualifiziertes, klassisches Marketing nicht.